Thesenpapier
im Rahmen des Seminars:
HS 12542 Depression und Suicidalität
bei Jürgen Körner
Thema:
Zur Gegenübertragungsdiagnostik
bei Suizidalen Patienten nach Kind
Mit Gegenübertragung werden alle Gefühle bezeichnet, die
ein Analytiker seinen Patienten gegenüber erlebt.
Die Gegenübertragungsgefühle, die suizidale Patienten
auslösen, sind überaus zwingend.
Sie sind eine Antwort auf komplementäre Zustände
innerer Objekt- und Selbstbilder des Patienten und ermöglichen
daher dem Analytiker eine direkte Diagnose des Patienten.
Die Gefühle werden unbewußt mittels projektiver Identifikation
vom Patienten in den Analytiker induziert.
Kind differenziert zwei Gegenübertragungskonstellationen:
Erster Pol: Das Gegenübertragungsgefühl des manipulierten
Objekts als Reaktion einer bestimmten Form der Objektsicherung
des Suizidalen. Der Patient droht zum Beispiel mit einem Suizid, um
den Therapeuten unter Kontrolle zu bekommen. Der Therapeut empfindet
sadistische Impulse und fühlt sich eingeengt. Er hat Angst vor
dem Patienten. Der Patient sichert sich auf sado-masochistischem Weg
sein Objekt.
Zweiter Pol: Das Gegenübertragungsgefühl des verlassenwerdens
als Reaktion des aufgegebenseins des Objekts im Suizidalen.
Der Patient macht keine Vorwürfe, vielmehr scheinen seine Rückfälle
und Stimmungsschwankungen vom Therapeuten unabhängig zu sein.
Der Therapeut fühlt sich Hilflos, ohne Einfluß. Er hat
Angst um ihn und will ihn halten. Der Patient hatte alle Objektsicherungen
aufgegeben, aber über diesen Weg im Therapeuten ausgelöst,
was ihm fehlt: die Objektsicherung
In beiden Fällen werden dem Therapeuten Gefühle induziert,
die der Patient allein nicht bewältigen kann. Der Therapeut hat
die Aufgabe diese Inhalte in sich wahrzunehmen, in seiner reiferen
Psyche zu bearbeiten und dem Patienten in integrierter Form zurückzugeben.