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WS 1995/96 HS: 12537 Wohlfahrtsverbände im Wandel
Thema: Das Subsidiaritätsprinzip
Literatur: Kreft/Mielenz, Wörterbuch der Sozialen Arbeit, Weinheim/Basel 1980, Seite 448ff Backhaus-Maul/Olk, Von Subsidiarität zu "outcontracting", in Streeck, Staat und Verbände, Opladen 1994
Definition: Subsidiarität beschreibt die Organisation sozialen Handelns auf der Linie Individuum, Familie, Gemeinde, Staat. Die jeweils übergeordnete Gemeinschaft sollte nur eingreifen, wenn die kleinere Einheit ihre Aufgabe nicht erfüllen kann. Die Ursprünge liegen in der bürgerlich liberalen Gesellschaftsauffassung des 19. Jhdts. und in der katholischen Soziallehre (1931). Das Subsidiaritätsprinzip bestimmt seit der Weimarer Republik die Sozialgesetzgebung und postuliert einen Vorrang der freien Träger (Wohlfahrtsverbände) in der Sozial- und Jugendhilfe. Die folgende NS-Zeit wird nicht dokumentiert.
1961 Mit der Novelle des JWG wird der Vorrang der Wohlfahrtsverbände (WV) verstärkt. Die staatliche Sozial- und Jugendhilfe darf nicht nur dann nicht eingreifen, wo bereits Einrichtungen der WV bestehen, sondern wo diese geschaffen werden können (Funktionssperre). Von Kommunen und Ländern wurde Verfassungsbeschwerde eingereicht. 1967 Das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 22, 180ff) verpflichtet öffentliche und freie Träger zu "partnerschaftlicher Zusammenarbeit". 1977 WV werden in die Jugendhilfeplanung voll einbezogen und können
über Bedarf und Zielsetzung mitentscheiden. Andererseits unterliegen
die WV stärkerer Kontrolle
Strukturelle Krisen der Wohlfahrtsverbände - Größenwachstum und zunehmende Bürokratisierung der WV führten zu Vertrauensverlust in der Bevölkerung und geringerer Flexibilität. Da sich die mitbestimmenden Mitglieder der WV vom Klientel unterscheiden, waren zunehmende Fehlplanungen am Klientel vorbei möglich. - Mit den Selbsthilfegruppen drängt eine neue Quelle von Hilfeleistungen mit hohem Vertrauensvorschuß aus dem informellen Bereich der Gesellschaft in die Aufgabengebiete der WV und rückt damit die WV in die Nähe staatlicher Strukturen. - Die EU-Politik geht von einer dualen Trägerstruktur staatlicher und privat-gewerblicher Unternehmen aus. Mit dem Prozeß der europäischen Integration werden die deutschen Verbände ihre besondere Verflechtung mit dem Staat nicht aufrechterhalten können. Sie werden in Zukunft mit privat-gewerblichen Anbietern konkurrieren müssen. - Bei der deutschen Vereinigung wurde ein Institutionentransfer in die neuen Bundesländer vorgenommen. Dies beschleunigte die Entwicklung der WV hin zu "schlanken Unternehmen", die sich durch betriebswirtschaftliches Effizienzdenken, weitgehenden Verzicht auf normative Zielbestimmungen sowie durch Kundenorientierung auszeichnen (Deregulierung neokorporatistischer Strukturen).
1990 Das KJHG zielt auf verstärkte Professionalisierung, Dezentralisierung von Entscheidungskompetenzen und Erweiterung des Spektrums freier Träger auf unabhängige Vereine, Initiativen und Projekte, die den WV gleichgestellt werden (§§ 3 und 4, sowie 74 bis 80). 1994 Änderungen des BSHGs und die Einführung der Pflegeversicherung überführt das Verhältnis zwischen Staat und freien Trägern in ein Vertragsverhältnis, in dessen Mittelpunkt Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsstandards stehen (contracting out).
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